Jeder von uns hat sie, doch nur die wenigsten hören genau hin, wenn sie uns etwas sagen will. Die Rede ist von der "inneren Uhr". Der sogenannte Biorhythmus legt nicht nur fest, wann wir wach und wann wir müde sind. Er hat außerdem auch Einfluss auf unseren allgemeinen Gemütszustand, unsere Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und nicht zuletzt auf unsere Produktivität. Doch anstatt diese Umstände zu ihrem Vorteil zu nutzen, ignorieren viele Menschen ihre innere Uhr und passen sich dem allgemeinen Rhythmus unserer Arbeitsgesellschaft an. Dabei täte es uns allen gut, wieder mehr im Takt von unserem Biorhythmus zu leben. Eine Einführung in die Welt der Chronobiologie und ihr großes Potential für die Wirtschaft.

Lerche oder eine Eule?

Wenn es um das Thema Chronobiologie geht, dann fällt häufig als erstes die Frage: Sind Sie eine Lerche oder eine Eule? Gemeint ist hiermit: Sind Sie ein Frühaufsteher, der konzentriert und produktiv in den Tag startet oder gehören Sie zu den Leuten, die erst ab dem Mittag oder später ihr volles Potential entfalten?

 

Auch wenn diese Frage fast schon augenzwinkernd daher kommt, ist sie von großer Wichtigkeit. Denn: Sie liefert erste Anhaltspunkte dafür, was für ein "Chrono-Typ" Sie sind und wie Ihr (Arbeits-)Alltag bestenfalls strukturiert sein sollte.

 

Nicht jeder Mensch ist nämlich dafür gemacht, früh um acht oder neun im Büro aufzutauchen und augenblicklich fokussiert zu arbeiten.

 

Jede innere Uhr tickt anders

Die Crux: Obwohl unsere Gesellschaft nach immer gleichen Abläufen funktioniert (früh aufstehen, acht Stunden arbeiten, Familienleben, Hobbys, Abendbeschäftigung, Zubettgehen,...), hat jeder einzelne Mensch einen anderen Biorhythmus. Oder bildlich formuliert: Jede "innere Uhr" tickt in einem anderen Takt.

 

Das wiederum führt dazu, dass manche Menschen durchaus gut mit den konventionellen Strukturen zurechtkommen, andere jedoch Schwierigkeiten haben, Schritt zu halten und eine gesunde Work-Life-Balance zu erlangen.

 

Sogenannte Eulen sind schlichtweg nicht in der Lage, bereits in den frühen Morgenstunden konzentriert zu arbeiten und die Ergebnisse zu liefern, die von ihnen erwartet werden. Lerchen hingegen bauen häufig in den Nachmittagsstunden rapide ab und sind in spät angesetzten Meetings und Konferenzen sowie bei abendlichen Netzwerkveranstaltungen kaum noch aufnahmefähig.

 

Das große Problem, das uns alle betrifft: Die allgemeinen Vorgaben unserer Gesellschaft – also beispielsweise von wann bis wann wir im Normalfall arbeiten – haben einen so großen Einfluss auf unser Leben, dass wir keine Chance mehr haben, auf unsere innere Uhr zu hören.

 

Von Schlafstörungen, Stress und anderen gesundheitlichen Problemen

Das Ergebnis: Wir schlafen zu wenig und häufig schlecht, was wiederum eine ganze Reihe weiterer gesundheitlicher Herausforderungen beziehungsweise Einschränkungen mit sich bringt. Hierzu gehören beispielsweise:

 

 

Das große, übergeordnete Problem liegt auf der Hand: Die Missachtung des natürlichen Schlafrhythmus beeinträchtigt nicht nur unsere Gesundheit negativ, sondern hat auch nachteilige Auswirkungen auf unsere Leistungen am Arbeitsplatz.

 

Innere Uhr statt lauter Wecker

Ein Ansatz, der diesen Gefahren nachweislich entgegenwirkt, ist es, den Tag nicht mit dem Weckerklingeln zu beginnen, sondern dann, wenn man von allein wach – beziehungsweise von seiner inneren Uhr geweckt – wird.

 

Chronobiologische Untersuchungen haben gezeigt: Menschen, die diese Methode anwenden und dann zur Arbeit kommen, wenn es ihr Biorhythmus vorsieht, verschlafen keinesfalls den kompletten Tag, sondern liegen durchschnittlich nur etwa eine halbe Stunde länger im Bett als sonst.

 

Auch wenn diese 30 Minuten nicht lang erscheinen, haben sie jedoch große Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit des Menschen – und zwar unabhängig davon, ob dieser eine Lerche oder eine Eule ist.

 

Eine ausreichende Menge erholsamer Schlaf ist die wichtigste und deswegen unverzichtbare (!) Basis für eine

 

 

Das heißt im Umkehrschluss: Wer seinen persönlichen Biorhythmus über längere Zeit missachtet, kann schlichtweg nicht mit der Leistung anderer Menschen mithalten.

 

Chronobiologie in der modernen Arbeitswelt

"Ist ja schön und gut, aber was, wenn ich nun mal früh um neun im Büro sitzen muss?"

 

Die große Mehrheit der Erwerbstätigen – egal ob Angestellte oder Selbstständige – lebt aktuell im aufdiktierten Trott der Arbeitsgesellschaft und hört nur in Ausnahmefällen auf den Takt der inneren Uhr.

 

Kein Wunder, denn trotz überzeugender Forschungsergebnisse aus dem Feld der Chronobiologie sind die meisten Unternehmen in Deutschland noch immer der Meinung, an traditionellen Arbeitszeiten festhalten zu müssen. Die Auswirkungen, die hiermit einhergehen, haben wir Ihnen weiter oben bereits beschrieben.

 

Dabei könnte doch eigentlich alles so einfach sein. Unternehmen, die Ihre Mitarbeiter bereits jetzt nach ihrem persönlichen Rhythmus arbeiten lassen und damit als Vorreiter gelten, können nur Positives berichten und bestätigen:

 

Wer auf seine innere Uhr hört und nicht mit dem Weckerklingeln in den neuen Tag startet, arbeitet tatsächlich konzentrierter und produktiver. Und damit noch mehr: Unternehmen, die die Erkenntnisse der Chonobiologie im Arbeitsalltag anwenden, können hierdurch sogar das Fehler- und Unfallrisiko minimieren.

 

Mit gutem Beispiel vorangehen

In der Theorie klingt das alles natürlich überaus gut. Doch in der Praxis zeigt sich häufig: Selbst wenn Mitarbeiter die Möglichkeit der flexiblen Arbeitszeiten haben, erscheinen Sie doch meist pünktlich zwischen acht und neun im Büro. Die einen nennen dieses Verhalten „Pflichtbewusstsein“, die anderen „schlechtes Gewissen“.

 

Wenn Sie als Arbeitgeber beziehungsweise Vorgesetzter mit gutem Beispiel vorangehen und beweisen, dass wirklich jeder im Unternehmen (sofern es möglich ist) auf seine innere Uhr hören kann, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass Ihnen auch andere Kollegen folgen und die Vorteile der Chronobiologie kennenlernen werden.

 

Auch wenn die große Mehrheit der Arbeitgeber in Deutschland nach wie vor an traditionellen Arbeitszeitmodellen festhält und Gleitzeit schon für das Höchste der Gefühle hält, kann nicht abgestritten werden: Immer mehr Unternehmen erkennen, wie wichtig es ist, auf seine innere Uhr zu achten. Entscheidend ist, dass diese Erkenntnis jedoch nicht nur in den Chefetagen, sondern auch in den Köpfen der übrigen Mitarbeiter ankommt.

 

Es ist an der Zeit, dass (wochentags) ausschlafen nicht mehr als „faul“ und „unproduktiv“ abgestempelt, sondern das genaue Gegenteil erkannt wird.

 

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