Nicht jeder Mensch, der sich selbstständig machen möchte, muss zwangsläufig ein Gewerbe anmelden. Es gibt auch eine (gar nicht mal so kleine) Gruppe von Menschen, die ihren Traum vom eigenen Business als Freiberufler realisiert. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff? Ist jeder Freiberufler automatisch ein Freelancer? Und welche Kriterien muss man erfüllen, um sich als Freiberufler bezeichnen zu können. Der nachfolgende Beitrag klärt Sie auf.

Der Beitrag im Überblick

Was ist ein Freiberufler?

Anzahl der Freiberufler in Deutschland

Wie wird man ein Freiberufler?

Wann ist man Freiberufler und wann Gewerbetreibender?

Welche Steuern zahlen Freiberufler?

Vorteile und Nachteile der Freiberuflichkeit

Freiberufler vs. Freelancer: Wo liegen die Unterschiede?

 

Was ist ein Freiberufler?

Wer ein Freiberufler ist beziehungsweise einen der freien Berufe ausübt, ist in Deutschland einerseits klar definiert, andererseits aber auch immer wieder Anlass für Diskussionen und ratlose Gesichter.

 

In §18 EStG heißt es:

Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.“

 

Die hier aufgeführten Berufe wie Arzt, Ingenieur, Architekt, Übersetzer und Heilpraktiker werden auch als Katalogberufe bezeichnet. Sie alle setzen eine spezielle Fachkenntnis voraus, sind aber nicht immer geschützt. So darf sich hierzulande beispielsweise jeder als Journalist betiteln – egal ob er eine entsprechende Ausbildung genossen hat oder nicht.

Entscheidend ist, dass ein angehender Freiberufler dem Finanzamt gegenüber plausibel beweisen kann, dass er die benötigte Fachkenntnis mitbringt. Doch dazu mehr im Anschnitt „Wie wird man Freiberufler?“.

 

Für die Definition von Freiberuflichkeit ist es außerdem auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle Freiberufler nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Sie sind somit nicht gewerbesteuerpflichtig und dürfen sich – unabhängig von ihrem Einkommen – über eine vereinfachte Buchführung (die Einnahmen-Überschuss-Rechnung) freuen.

 

Anzahl der Freiberufler in Deutschland

Die Zahl der Freiberufler in Deutschland steigt seit mehreren Jahren kontinuierlich an. Laut dieser Statistik wurde die Marke von 1.000.000 Freiberuflern erstmals im Jahr 2008 geknackt. 2018 gab es hierzulande bereits 1.407.000 Menschen, die einen der freien Berufe ausübten – Tendenz weiter steigend.

 

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Wie wird man ein Freiberufler?

Viele, die sich für eine selbstständige Tätigkeit als Freiberufler interessieren, sind zu Anfang davon überzeugt, sich auf eine bürokratische Schlacht einstellen zu müssen. Doch in der Praxis zeigt sich immer wieder: Der Weg in die Freiberuflichkeit ist meist sehr viel einfacher als der Weg ins Gewerbe.

 

Wenn Sie sich als Freiberufler anmelden wollen, dann müssen Sie sich mit einem formlosen Schreibenan das für Sie zuständige Finanzamt wenden. In diesem Dokument geben Sie an:

 

 

Wenn das Finanzamt der Meinung ist, dass Sie alle Kriterien der Freiberuflichkeit erfüllen, werden Sie im nächsten Schritt den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung per Post erhalten. Diesen müssen Sie sorgfältig und vollständig ausfüllen.

 

Unser Tipp für Sie: Nutzen Sie entweder Ausfüllhilfen aus dem Internet oder wenden Sie sich gleich an Ihren Steuerberater. Dieser wird wissen, an welchen Stellen Sie was eintragen müssen.

 

Wenn Sie den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung wieder an das Finanzamt zurückgeschickt haben, können Sie Ihre Tätigkeit als Freiberufler direkt aufnehmen. Auch das Ausstellen von Rechnungen ist in der Anfangszeit ohne Steuernummer möglich – wenn Sie auf dem Dokument vermerken, dass diese beantragt wurde und bald nachgereicht werden kann.

 

Wann ist man Freiberufler und wann Gewerbetreibender?

Auch wenn weiter oben im Abschnitt zur Definition vom Freiberufler erste wichtige Unterscheidungsmerkmale genannt wurden, ist Ihnen vielleicht trotzdem noch nicht ganz klar, wann eine Freiberuflichkeit vorliegt und wann man als Gewerbetreibender gilt. Die nachfolgende Übersicht soll endgültig Licht ins Dunkel bringen.

 

Freiberufler

Gewerbetreibender

unterliegt nicht der Gewerbeordnung

unterliegt der Gewerbeordnung

Vertreter der Katalog-/ freien Berufe

Kaufleute, Handwerker, Gastronomen, etc.

Tätigkeit basiert auf einer wissenschaftlichen Ausbildung (hierunter kann man auch das Selbststudium verstehen)

Tätigkeit basiert häufig auf einer Berufsausbildung, einer akademischen Ausbildung oder gar keiner vorherigen fachlichen Qualifikation

geistig-schöpferische Arbeit

meist praktische Arbeit

 

Die Unterscheidung zwischen Freiberufler und Gewerbetreibenden ist nicht immer ganz einfach vorzunehmen. Mit der zunehmenden Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt entstehen immer wieder neue Berufe, die die Finanzämter und Gerichte vor Herausforderungen stellen.

 

Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der Influencer, der in sozialen Netzwerken und auf eigenen Portalen (beispielsweise einem Blog) einerseits redaktionelle Inhalte erschafft und zur Verfügung stellt (freiberufliche Tätigkeit) und andererseits Einnahmen durch Werbung generiert (gewerbliche Tätigkeit).

 

In solchen Mischfällen (die auch klassische Freiberufler wie Ärzte und Physiotherapeuten betreffen können) ist es durchaus üblich, sowohl eine Freiberuflichkeit als auch ein Gewerbe anzumelden.

 

Welche Steuern zahlen Freiberufler?

Wie weiter oben bereits erwähnt, profitieren Freiberufler von einem riesigen Privileg: Sie müssen keine Gewerbesteuer zahlen. Das wird damit begründet, dass ein Vertreter der freien Berufe – anders als beispielsweise ein Bauunternehmer oder ein Spediteur – die Infrastruktur von Städten und Gemeinden, die u.a. durch die Gewerbesteuer unterhalten wird, kaum bis gar nicht benutzt und belastet.

 

Es ist allerdings ein Irrglaube, dass Freiberufler von sämtlichen Steuern befreit sind. So muss beispielsweise jeder Vertreter der freien Berufe Einkommenssteuer zahlen. Auch der Solidaritätszuschlag ist Pflicht. Ob Sie Umsatzsteuer zahlen müssen, hängt davon ab, ob Sie von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen oder nicht (dies ist eine Frage des Einkommens und nicht der Rechtsform!).

 

Je nachdem, ob Sie Mitarbeiter beschäftigen und in der Kirche sind oder nicht, kommen noch Lohnsteuer, Sozialabgaben und Kirchensteuer hinzu.

 

Vorteile und Nachteile der Freiberuflichkeit

Für etliche Menschen, die von der Selbstständigkeit träumen, ist die Freiberuflichkeit eine Art heiliger Gral – also das erstrebenswerteste Ziel, das sie sich vorstellen können.

 

Und tatsächlich kommt dieser Status mit einigen attraktiven Privilegien daher, die wir Ihnen hier noch einmal zusammenfassen wollen:

 

 

Darüber hinaus muss aber auch immer darauf verwiesen werden, dass Sie sich als Freiberufler ebenfalls auf ein paar Nachteile einstellen müssen:

 

 

Freiberufler vs. Freelancer: Wo liegen die Unterschiede?

Viele Freiberufler arbeiten als Freelancer. Dennoch ist es falsch, diese beiden Begriffe in einen Topf zu werfen und synonym zu gebrauchen.

 

Während Freiberufler durchaus auch als Angestellte arbeiten können (beispielsweise als Anwalt oder Steuerberater in einer Kanzlei), sind Freelancer immer selbstständig.

 

Hinzu kommt, dass Freelancer sowohl Freiberufler als auch Gewerbetreibende (oder beides) sein können. Sie zeichnen sich nicht in erster Linie durch den Gegenstand ihrer Tätigkeit aus, sondern die Art, wie sie arbeiten: projektbezogen als freie Mitarbeiter für ihre Kunden. Es würde sicher niemand auf die Idee kommen, diese Arbeitsweise auf einen Facharzt für Gynäkologie zu beziehen.

 

Es gibt viele verschiedene Wege in die Selbstständigkeit. Der Status des Freiberuflers ist einer davon – und mit Sicherheit nicht der unattraktivste.

 

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