Sie sind Selbstständig. Sie arbeiten auf eigene Rechnung, sind für sich selbst verantwortlich und tragen vielleicht auch als Arbeitgeber noch soziale Verantwortung. Als ein solcher Mensch sind Sie darauf angewiesen, nach marktwirtschaftlichen Prinzipien zu arbeiten. Schenken hat da keinen Raum. Denn wer schenkt, schmälert freiwillig Umsatz und Gewinn.

 

Aus wirtschaftstheoretischer Sicht mag das stimmen. In der Praxis ist es jedoch häufig längst nicht so eindeutig. Das gilt nicht nur für etablierte Unternehmen mit großen Budgets, sondern auch Sie als Gründer mit geringer Kapitaldecke. Tatsächlich kann Geiz da sogar häufig kontraproduktiv sein.

 

1. Wie schnell Sie zum Geizhals erklärt werden können

Einmal angenommen, Sie haben ein Geschäft für Handys und Computerteile eröffnet. Ein Kunde kauft eine Grafikkarte für 325 Euro. Zuhause öffnet er das Paket, findet auch die vier Schrauben, mit deren Hilfe die Karte fixiert wird. Doch wie das Leben so spielt: Eins kommt zum anderen, später, als der Kunde die Grafikkarte einbauen möchte, ist das Beutelchen mit den Schrauben unauffindbar.

 

Der Kunde begibt sich abermals zu Ihnen, erklärt sein Malheur, versucht auch gar nicht, es darzustellen, als hätten die Schrauben nicht beigelegen. Jetzt haben Sie als Geschäftstreibender drei Optionen:

 

1: Sie erklären ihm (wahrheitsgemäß), dass es diese Schrauben vom Karten-Hersteller nicht einzeln gibt und verkaufen dem Kunden ein Computer-Kleinteileset zu 9,99 Euro, das viele dieser Schrauben und noch eine Menge anderer Ersatzteile enthält.

 

2: Sie greifen in Ihren „Fundus“, entnehmen vier Schrauben und verkaufen Sie dem Kunden für einen Euro das Stück.

 

3: Sie greifen in den Fundus, legen vier Schrauben auf den Tresen und wünschen dem Kunden einen schönen Tag.

 

Nummer 1 ist die in allen markttheoretischen Modellen perfekte Lösung. Sie haben dem Kundenbedürfnis entsprechend gehandelt und ihm etwas verkauft. Nummer 2 ist ebenfalls markttheoretisch gut, wirft wahrscheinlich noch mehr Gewinn ab.

 

In beiden Fällen wird der Kunde jedoch nur in Erinnerung behalten, dass Sie sein Malheur zu Geld machten. Wird das eine positive Erinnerung sein? Wird er davon vielleicht im Bekanntenkreis erzählen? Gewiss nicht. Mehr noch: Der Kunde weiß ziemlich genau, dass es sich bei diesen Schrauben um keine hochtechnischen, teuren Gegenstände handelt, die weder 9,99 noch 4 Euro wert sind, erst recht im Vergleich zum Preis der Grafikkarte. Und schon hat Ihr Haus den ersten Kunden, der Sie eventuell als geizig ansieht.

 

Doch was passiert, wenn Sie Lösung 3 wählen? Ihr Unternehmen macht einen Verlust von einigen Cents. Spüren Sie diese? Nein. Der Kunde hingegen bekommt augenblicklich eine Meinung von Ihnen, die weit über der Reputation liegt, die er durch die vorherige Beratung und den Kauf bekam. Dieser Kunde wird höchstwahrscheinlich zurückkehren und mutmaßlich davon erzählen.

 

2. Die Betonung liegt auf „kleine“ Geschenke

Sicherlich kennen Sie den Satz „kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“. Das, was das erste Kapitel skizzierte, ist die buchstabengetreue marktwirtschaftliche Umsetzung dieses Prinzips. Schenken bedeutet immer, dass man etwas von sich gibt. Und denkt man in Richtung Nächstenliebe sogar, dass man nichts als Gegenleistung erwartet.

 

Allerdings wäre es vermessen, derartige „mildtätige“ Maßstäbe an ein marktwirtschaftliches Unternehmen anzulegen. In diesem Fall wäre die Sachlage tatsächlich kontraproduktiv. Halten wir also fest, dass Sie a hauptsächlich deswegen verschenken sollten, weil Sie dadurch eine Gegenleistung bekommen.

 

Doch wo sollten Sie die Grenze ziehen? Vielleicht nach der folgenden Grundlage:

 

Schenken ist immer dann angebracht, wenn mit hoher Sicherheit zu erwarten ist, dass die dadurch ausgelöste Reaktion dem Unternehmen einen Umsatz beschert, der mindestens den Unkosten entspricht, besser aber einem Vielfachen davon.

 

Bleiben wir bei dem Geschäft aus dem Beispiel. Sie schenken einem Geschäftsreisenden auf der Durchreise ein Handy, weil seines just auf den Boden fiel und kaputt ging. Sicher Nächstenliebe pur, aber wirtschaftlich völlig falsch, der Mann kommt nicht wieder und obwohl er davon sicherlich erzählt, wird das keinen finanziellen Backflow erzeugen.

 

Umgekehrt schenken Sie einem anderen Gründer, der gerade bei Ihnen drei Computerbildschirme erworben hat, die dazugehörigen HDMI-Anschlusskabel. Dieser Mensch kommt mit höchster Sicherheit jedes Mal wieder, wenn sein Unternehmen Elektronik braucht.

 

3. Strategisches Schenken mit Werbeeffekt

Halten Sie sich an diese Denkweise, brauchen Sie weder zu befürchten, dass Sie jemand zum Geizhals erklärt, noch dass Sie sich um Kopf und Kragen schenken. Aber natürlich haben Sie noch die Möglichkeit, anderweitig zu schenken.

 

Das bringt uns zu Werbegeschenken. Dazu haben wir bereits vor einigen Jahren in einem Artikel festgestellt, dass sie nach wie vor Sinn machen. Allerdings muss man abermals die Quintessenz unterstreichen, denn viele Gründer (und leider auch Business-Routiniers) machen nach wie vor den gleichen Fehler:

 

Ein Werbegeschenk ist nicht bloß deshalb eine gute Idee, weil es ein Geschenk ist und das Firmenlogo enthält.
Es muss zwingend einen zeitgenössischen Mehrwert bieten.

 

Auch 2019 ist die Welt noch voller T-Shirts, Kappen, Kugelschreiber und Kaffeetassen, die von wohlmeinenden Firmengründern für gutes Geld gekauft und verschenkt werden.

 

Es ist nicht so, dass ein einfaches Werbegeschenk generell nutzlos wäre. Im Gegenteil. Ein USB-Stick ist enorm simpel und trotzdem ein praktischer und vielgenutzter Gegenstand. Und mit den heutigen Diskussionen um Plastiktüten erlebt sogar der noch simplere Jutebeutel, für einige Jahre regelrecht im „Werbegeschenke-Giftschrank“ verortet, eine Renaissance.

 

Was vor allem zählt, ist der Gebrauchswert. Fragen Sie sich bei jedem potenziellen Gegenstand, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Beschenkten Ihrer Zielgruppe ihn häufig, idealerweise täglich, nutzen und damit eine positive Verbindung zu Ihrem Unternehmen ziehen.

 

Erst dann müssen Sie sich über echte und empfundene Wertigkeit Gedanken machen. Für einen Kunden, der täglich mit einem leeren Handyakku kämpft, wird eine Powerbank, die Sie für fünf Euro bekamen, ungleich wertiger sein als ein aus Aluminium gedrehter matt-edler Füllfederhalter, für den Sie 15 Euro bezahlen mussten.

 

4. Wo das Schenken enden muss

Es gibt Kunden, bei denen sorgt eine kleine gute Tat dafür, dass sie einem auf lange Sicht Verluste bescheren. Hier muss man rigioros sein können und es ihnen sagen.

 

Wir haben bereits festgestellt, dass Sie die geschäftliche Schenk-Grenze dort ziehen sollen, wo es mittelfristig einen tatsächlichen Verlust für Sie bedeutet.

 

Doch obschon diese Schenk-Attitüde noch weitere Vorteile hat, etwa dass Sie als Person sich selbst positiver wahrnehmen und von anderen so wahrgenommen werden, müssen Sie eine solche Grenze auch in einem strategischen Rahmen ziehen.

 

Denn:

Wer zu viel schenkt, begibt sich in Gefahr, ausgenutzt zu werden

Denken wir an den Kunden mit den Grafikkarten-Schrauben zurück. Was mit vier Schrauben begann, kann bei manchen Charakteren schnell zu einem Schneeball werden. Man schenkt ihnen etwas. Doch statt es anzuerkennen und sich durch einen Kauf erkenntlich zu zeigen, werden Sie zu einer Art Plage.

 

In der B2C-Geschäftswelt sind das auffallend häufig Menschen, die sich durch das Schenken auf eine freundschaftliche Ebene zum Geschäftsbetreiber erhoben fühlen. Typische Anzeichen:

 

 

 

 

 

Auf gut Deutsch: Sie kommen ins Geschäft, stehlen Ihnen Zeit und somit Geld und erdreisten sich dann noch, die teuren Dinge woanders zu kaufen – und selbst falls sie das nicht tun, neigen sie häufig dazu, zu feilschen oder Rabatte zu erwarten. Alles nur, weil Sie ihnen mal freigiebig einige Kleinteile kostenlos überließen.

 

In diesem Fall können Sie nur eines tun: Diesem Kunden klipp und klar zu verstehen geben, dass Sie diese Art nicht tolerieren. Doch so ärgerlich es ist: Am Grundprinzip, dass Geiz nicht immer gut ist, sollte es nichts ändern.

 

Fazit

Generell sollten Sie als Geschäftsmensch niemals grundsätzlich geizig sein. Es gibt genügend Situationen, in denen Ihnen ein kleines Geschenk hier, etwas Generosität dort auf geschäftlicher Ebene viel mehr Umsätze bescheren würden als die Summe dessen, was Sie durch Geiz eingespart hätten.

 

Immer jedoch sollten Sie jede dieser guten Taten vermerken, analysieren und beobachten, damit Sie ihnen tatsächlich nur zum Vorteil gereichen.

 

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