Jeder Selbstständige träumt davon, einen großen Kundenstamm zu haben und spannende Projekte betreuen zu können. Doch was, wenn die Zahl der Kunden überschaubar ist – beispielsweise in der oftmals holprigen Anfangszeit? Reicht nicht theoretisch ein gut zahlender Kunde aus, um über die Runden zu kommen? Vor allem freie Mitarbeiter – sogenannte Freelancer – und Freiberufler sind häufig von der Gefahr der Scheinselbstständigkeit betroffen. Was genau das ist und in welchen Fällen von einer Scheinselbstständigkeit gesprochen werden kann, verraten wir Ihnen im nachfolgenden Beitrag.

Der Beitrag im Überblick

Scheinselbstständigkeit – Was ist das?

Wer prüft eine Scheinselbstständigkeit?

Welche Auswirkungen hat die (aufgedeckte) Scheinselbstständigkeit?

Diese Faktoren weisen auf eine Scheinselbstständigkeit hin

Honorargröße als neues Kriterium für Selbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit kommt in allen Branchen vor

Schützen Sie sich vor Scheinselbstständigkeit

 

Scheinselbstständigkeit – Was ist das?

Der Begriff der Scheinselbstständigkeit erklärt sich glücklicherweise fast schon von selbst. Es handelt sich hierbei um ein spezielles Arbeitsverhältnis, das nur den Anschein einer Selbstständigkeit erweckt. Der Arbeitnehmer ist zwar auf dem Papier selbstständig, aber größtenteils nur für einen Auftraggeber tätig. Das Verhältnis zwischen beiden Parteien gleicht einem normalen Angestelltenverhältnis – ist aber keines! In Wirklichkeit handelt es sich hierbei – salopp formuliert – um eine Mogelpackung, die in erster Linie dem Auftrag- beziehungsweise Arbeitgeber zu gute kommt. Dieser muss für den (freien) Mitarbeiter nämlich keine Steuern und Sozialabgaben zahlen und spart dadurch jede Menge Geld.

 

Wer prüft eine Scheinselbstständigkeit?

Sowohl Unternehmen als auch Selbstständige müssen jederzeit damit rechnen, in den Fokus einer Kontrolle zu geraten. Wird eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, kann das für beide Seiten weitreichende Folgen haben. Dazu weiter unten mehr.

 

Doch wer bestimmt eigentlich, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt? Hierzu sind verschiedene Akteure befugt, nämlich:

 

 

Sie als Selbstständiger haben immer die Möglichkeit, selbst eine entsprechende Prüfung einzuleiten, müssen aber auch darauf gefasst sein, dass Ihr Auftraggeber eine Scheinselbstständigkeit vermutet und entsprechende Wege einleitet. In der Mehrheit der Fälle wird die Prüfung allerdings von Dritten veranlasst.

 

Welche Auswirkungen hat die (aufgedeckte) Scheinselbstständigkeit?

Wenn Sie als Freelancer und/oder Freiberufler tätig sind, sollten Sie immer darum bemüht sein, möglichst viele verschiedene Auftraggeber zu haben. Eine nachgewiesene Scheinselbstständigkeit hat nämlich nicht nur Konsequenzen für Ihren Kunden, sondern auch für Sie. Konkret muss mit folgenden Auswirkungen gerechnet werden:

 

Ihnen als Auftragnehmer wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der Status der Selbstständigkeit aberkannt. Das bedeutet beispielsweise, dass das Gewerbe abgemeldet werden muss. Gleichzeitig werden Sie als Arbeitnehmer eingestuft und erhalten dadurch verschiedene Rechte wie zum Beispiel einen Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

 

Den Auftraggeber erwarten im Fall einer nachgewiesenen Scheinselbstständigkeit erst einmal große Nachzahlungen – nämlich für die nicht gezahlten Sozialbeiträge und Säumniszuschläge. Auch Lohnsteuernachzahlungen können vom Finanzamt eingefordert werden. Gezahlte Umsatzsteuer-Beträge an den Scheinselbstständigen verfallen und müssen zurückgezahlt werden.

 

Wichtig: Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Nachzahlungen vom späteren Gehalt des (ehemaligen) Selbstständigen abzuziehen. Das heißt, dass auch Sie unter Umständen einen finanziellen Schaden davontragen können.

 

Diese Faktoren weisen auf eine Scheinselbstständigkeit hin

Kommen wir nun zu der wohl wichtigsten Frage: Welche Kriterien legen fest, ob es sich um eine „echte“ Selbstständigkeit oder um eine Scheinselbstständigkeit handelt? Die folgenden Punkte sollten Sie sich als (angehender) Existenzgründer unbedingt genau anschauen – erst recht, wenn Sie beabsichtigen, Ihr Geld mit Auftragsarbeiten zu verdienen.

 

 

Es gibt keine gesetzliche Definition für Scheinselbstständigkeit und damit auch keine wirklich klaren Kriterien, die ein Arbeitsverhältnis als solches entlarven. Grundsätzlich sollten Sie sich bei der Arbeit für einen Auftraggeber immer fragen, ob Sie sich noch wie ein Selbstständiger fühlen oder ob die Zusammenarbeit eher einem Angestelltenverhältnis gleicht. Wenn Sie vom Auftraggeber so sehr in Anspruch genommen werden, dass Sie keine Möglichkeit mehr haben, auch noch andere Kunden zu betreuen, liegt der Verdacht einer Scheinselbstständigkeit nahe.

 

Honorargröße als neues Kriterium für Selbstständigkeit

Erst vor wenigen Tagen war auf der Homepage vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. zu lesen, dass das Bundessozialgericht „ein wichtiges Urteil (Az. B 12 R 7/15 R) zum Thema Scheinselbstständigkeit gefällt und dabei die Höhe des Honorars von Selbstständigen relativ zum Verdienst von Angestellten als neues Kriterium eingeführt.“ (Quelle) Demnach wird es in Zukunft wohl auch eine große Rolle spielen, wie viel ein Auftragnehmer bei der Arbeit für den Auftraggeber verdient. Unterscheiden sich die Honorare nicht deutlich von den herkömmlichen Stundenlöhnen von Angestellten, die im gleichen Beruf arbeiten, wird dies ebenfalls als Indiz für eine Scheinselbstständigkeit gewertet. Immerhin müssen sich Selbstständige eigenständig um Versicherungen und Vorsorge kümmern. Für Sie als Selbstständiger bedeutet das natürlich, dass Sie sich genau informieren müssen, welche Honorare in Ihrer Branche üblich sind und wie viel man als Angestellter verdient.

 

Scheinselbstständigkeit kommt in allen Branchen vor

Zu glauben, man sei sicher vor der Scheinselbstständigkeit ist ein großer Irrtum. Fakt ist: Jeder Selbstständige, ob nun Gewerbetreibender oder Freiberufler, der Auftragsarbeiten annimmt, kann in die Falle der Scheinselbstständigkeit tappen. Kurierfahrer sind hiervon genauso betroffen wie Grafikdesigner, der Handwerksmeister ebenso wie der IT-Spezialist. Scheinselbstständigkeit ist ein Thema, mit dem Sie sich im Zuge Ihrer Existenzgründung definitiv auseinandersetzen müssen. Nur wenn Ihnen das Problem und die damit verknüpften Gefahren bekannt sind, können Sie sie umgehen.

 

Schützen Sie sich vor Scheinselbstständigkeit

 

Selbstständig sein bedeutet, selbst entscheiden zu können, wann, wo, wie und womit man sein Geld verdient. Wer in dieser Freiheit auf welche Weise auch immer beschnitten wird, gerät schnell in den Verdacht der Scheinselbstständigkeit. Bestätigt sich dieser, hat das nicht nur Konsequenzen für Ihren Auftraggeber, sondern auch für Sie selbst.  

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